Lerninstitut Höhne GbR
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Ein kleiner Einblick in   meine Erlebnisse

Mathematik brauche ich nie mehr

Eine Schülerin S kommt neu in die Gruppe und erklärt: "Eigentlich wollte ich nicht hierher kommen. Mathematik brauche ich nach der Schule nie mehr.“

A: “Was wirst Du denn nach der Schule machen?“

S: “Irgendwas mit Biologie.“

A: "Dann rechnen wir doch jetzt mal aus, wie viele Kühe aus einer Kuhherde von 100 Tieren nach einer Woche noch leben, wenn wegen einer Seuche jeden Tag fünf Prozent sterben.“

Diese Aufgabe rechnen wir gemeinsam und mit Diskussion über mögliche Rechenwege ganz erfolgreich.

Anschließend unterhalten wir uns, wie viele Möglichkeiten es gibt, eine DNA-Sequenz bestimmter Länge zu codieren und kommen auf ziemlich große Zahlen.

S: "Sie müssen für mich keine neuen Aufgaben mehr erfinden. Ich habe Sie schon verstanden.“

Die weitere Zusammenarbeit ist also gesichert.

Nach einiger Zeit kommt ein Schüler B in die Gruppe.

B: "Mathematik braucht doch keiner.“

Bevor ich etwas sagen kann, kommt die Antwort von A: „Das hättest Du hier nicht sagen sollen. Du weißt nicht, was Du auslöst. Lass es einfach.“

Der junge Mann ist perplex. Auch er wird sehr eifrig im Fach Mathematik.

 

Diese Arbeit ist nicht von mir                                                                            

Eine Schülerin S ist unglücklich über eine Fünf in der Klassenarbeit Mathematik. Wir schauen uns die Arbeit an und finden einige Fehler bei der Bewertung, darunter auch Rechenfehler des Lehrers.

S kümmert sich um einen Termin, und wir besuchen den Lehrer L.

L: "Sie kommen reichlich spät. Die Arbeit liegt einen Monat zurück Daran kann ich mich doch gar nicht erinnern.“

A: "Wir haben die Arbeit mitgebracht. Wir können sie gemeinsam anschauen. Es gibt da noch Fragen.“

L: "Wissen Sie, die Arbeit ist eine Vergleichsarbeit. Sie stammt von einer Kollegin. Was soll ich da sagen?“

A: "Aber die Korrektur ist doch von Ihnen.“

L: "Das stimmt.“

Das Gespräch verläuft auf diese Weise noch einige Zeit. Positiv ist das Gespräch für die Schülerin. Sie hatte vor diesem Lehrer großen Respekt und fürchtete seine Kritik an ihren Leistungen. Das ist nach dem Gespräch ganz anders. Sie hat mittlerweile das Abiturzeugnis.

 

Integration

Eine sehr fleißige Schülerin S aus Afghanistan möchte eine Textaufgabe in ihrem Mathematikbuch verstehen.

Es geht um Zinsen für ein Darlehen. Ich bespreche mit ihr den Rechenweg in ihrem Schulheft. Sie erklärt mir sehr freundlich, dass sie den Rechenweg natürlich versteht.

S: "Das ist doch Dreisatz. Warum rechne ich das?“

Mit Wörterbuch, Händen und Füßen sowie vielen Zeichnungen verständigen wir uns, was Schulden sind. Auch erkläre ich, dass man hier Zinsen bezahlen muß.

Am Ende haben wir beide viel gelernt.

 

Physik und Mathematik

Ein Schüler S hat eine Frage zur letzten Physikstunde.

S: "Können Sie mir erklären, was Geschwindigkeit ist und wie die mit der Beschleunigung und der Wegstrecke zusammenhängt?“

A: "Du lernst doch gerade in Mathematik, wie man eine Funktion ableitet. Die Ableitung ist ja dann die Steigung der Funktion …..“

Der Schüler unterbricht mich.

S: "Sie haben mich falsch verstanden. Ich wollte mich nicht über Mathematik unterhalten, sondern über Physik.“

Wir haben die Frage dann doch noch nach einiger Diskussion geklärt.

 

Lückentexte Englisch

Ein Schüler S verzweifelt an den Englisch-Klassenarbeiten. Bei den Lückentexten versagt er.

In Sätze mit fehlenden Stücken soll er grammatisch richtige englische Wendungen einsetzen. Ich versuche Ursachenforschung für seine Fehler.

A: "Da die Sätze allein stehen und nicht in einem Zusammenhang mit anderen Sätzen, kannst Du den Sinn nur aus diesem einen Satz herauslesen. Du hast mehrere Möglichkeiten, grammatisch richtige Sätze zu bilden – die haben dann aber verschiedene Bedeutung. Das soll Sprache ja auch ermöglichen, Du willst die Realität des Lebens flexibel abbilden.“

S: "Und was heißt das jetzt?“

A: "Wir setzen verschiedene Versionen ein und unterhalten uns über die Bedeutung dieser Sätze. Dann entscheiden wir, welche Variante wahrscheinlich gemeint ist, vielleicht gibt es ja Hinweisworte im Satz.“

S: "Und das klappt?“

A: "Das müsst ihr doch in der Klasse auch gemacht haben. Wie habt ihr denn den richtigen Lückentext gefunden?“

S: "Es gibt doch ein Lösungsheft.“

 

Wozu?

S: "Ich habe Schwierigkeiten mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Vor allem weiß ich gar nicht, wozu man die braucht.“

A: "Hast Du mal Deinen Lehrer gefragt?“

S: "Ja, er sagt, Wahrscheinlichkeitsrechung brauche ich fürs Abitur.“

 

Der Lehrplan

S: "Ich verstehe nicht, was wir im Augenblick in Mathematik machen. Allen in der Klasse geht es so.“

A: "Was sagt Euer Lehrer dazu?“

S: "Er kann keine Rücksicht darauf nehmen, ob wir etwas verstehen. Er muß bis zur Abiturprüfung alle Themen im Lehrplan angesprochen haben, auf Verständnis kommt es da nicht an. Deshalb hat auch die Mehrzahl der Schüler privaten Nachhilfeunterricht.“

 

Was braucht es für eine Interpretation?

Eine Schülerin S fragt mich:

"Kennen Sie sich in Deutsch aus? Ich muß eine Interpretation schreiben.“

A: "Sag mir bitte erst das Thema, bevor ich etwas verspreche.“

S: "Es geht um einen Text von Kafka.“

A: "Weißt Du, wer das ist?“

S: "Nein, wir haben nur den Text bekommen. Den verstehe ich nicht.“

A: "Warst Du schon einmal in einer Situation, in der Du Unrecht verspürt hast, aber niemanden gefunden hast, bei dem Du Dich beschwerden konntest? Wo niemand verantwortlich war? Kafka hat über solche Situationen geschrieben.“

S: "Das kenne ich gut. Jetzt ist alles klar.“

A: "Augenblick - wollen wir den Text nicht einmal lesen?“

S: "Nein, nicht nötig. Ich verstehe ihn jetzt.“

 

Die Chance

In einem Förderkurs für Flüchtlingsjugendliche wollen ehrenamtliche Lehrkräfte in der letzten Ferienwoche einen Kurs zur Vorbereitung auf das neue Schuljahr anbieten.

Wir sprechen gezielt die jungen Leute an und finden Interessierte.

Eine Schülerin verblüfft uns:
"Können wir nicht jeden Tag in den Ferien lernen?“

 

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© Jörg Höhne